Der Umgang des Lufthansa-Vorstands mit den Beschäftigten und Flugschüler/innen ist nicht hinnehmbar! Das Unternehmen wird mit Steuermitteln richtigerweise am Leben gehalten. Allerdings dürfen die Bürgerinnen und Bürger dann auch erwarten, dass diese Gelder so eingesetzt werden, dass es dem Allgemeinwohl dient. Davon kann bei der Lufthansa aber keine Rede sein.
Am 29. Januar 2021 habe ich an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier deshalb einen offenen Brief geschrieben. Sie finden ihn hier im Wortlaut:
Offener Brief: Staatliches Eingreifen bei der Lufthansa erforderlich!
Sehr geehrter Herr Minister Altmaier, sehr geehrter Herr Minister Heil,
hiermit möchte ich Sie zum wiederholten Male dringendst auf die haarsträubenden Zustände bei der Lufthansa AG aufmerksam machen. Das Unternehmen wird mit Steuermitteln richtigerweise am Leben gehalten. Allerdings dürfen die Bürgerinnen und Bürger dann auch erwarten, dass diese Gelder so eingesetzt werden, dass es dem Allgemeinwohl dient. Davon kann bei der Lufthansa aber keine Rede sein.
Kurz vor Jahresende haben sich die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit und der Konzernvorstand auf einen Krisentarifvertrag geeinigt, was zunächst sehr zu begrüßen ist. Die Beschäftigten haben hohe Einkommensverluste akzeptiert, damit alle Arbeitsplätze zumindest für ein gutes Jahr gesichert bleiben. Sie haben Teilzeit angeboten und sich auch sonst überaus flexibel und solidarisch gezeigt. Doch Teilzeit wird verweigert, stattdessen wird schon wieder mit Entlassungen gedroht. Bereits im kommenden Jahr könnten 1.000 Pilotinnen und Piloten ihre Kündigung erhalten – trotz des Gehaltsverzichts, der sich auf mehr als eine halbe Milliarde Euro summiert, trotz der Aussicht darauf, dass sich die Fluggastzahlen nach Ende der Pandemie zügig wieder erholen werden. In den letzten Jahren sind die Pilotinnen und Piloten regelmäßig Überstunden geflogen, weil das Personal zu knapp war. Anscheinend ist das der Zustand, den die Lufthansa anstrebt. Im Interesse der Flugsicherheit kann das kaum sein.
Kurzsichtig und unsozial ist auch der Umgang mit den Flugschülerinnen und -schülern der Lufthansa Aviation Training, die zu Recht gegen die einseitige Kündigung ihrer Ausbildungsverträge vor Gericht ziehen. Dass zugleich die eigene Flugschule abgewickelt und die Ausbildung der Bundeswehr-Pilotinnen und -Piloten an den nicht-tarifgebundenen Standort in Rostock-Laage verlagert werden sollen, nährt den Verdacht, dass die Lufthansa hier Tarifflucht betreiben will. Das muss unbedingt verhindert werden – und Sie hätten die Möglichkeit dazu.
Das alles sind unerträgliche Zustände in einem Unternehmen, in dem die Bundesregierung eigentlich ein Mitspracherecht hätte. Wir haben im Bundestag mehrfach darauf hingewiesen, dass Staatshilfen an Auflagen zur Beschäftigungssicherung gebunden werden müssen. Die Konzernspitze der Lufthansa AG ist schon in der Vergangenheit durch einen aggressiven Umgang mit den Beschäftigten aufgefallen. Viele Streiks der Vergangenheit wären unnötig gewesen, wenn der Vorstand kooperativ und respektvoll mit den Arbeitnehmervertretungen umginge. In der aktuellen Krisenzeit sitzen die Beschäftigten naturgemäß am kürzeren Hebel.
Ich betrachte es als die Pflicht der Bundesregierung, im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft und des gesamtgesellschaftlichen Wunsches nach einer hochwertigen und gut aufgestellten deutschen Fluggesellschaft, dass sie hier tätig wird und den Lufthansa-Vorstand von einer sozialverträglichen und langfristig tragfähigen Strategie überzeugt.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Ernst
Hier können Sie den Brief als PDF herunterladen:
Presseberichte zu den Auseinandersetzungen bei der Lufthansa:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lufthansa-luftverkehr-piloten-flugschule-1.5186774
https://www.airliners.de/cityline-kabine-stimmt-krisentarifvertrag/58941