Rede: Bundesregierung muss enorme Vermögensungleichheit angehen
Rede: Bundesregierung muss enorme Vermögensungleichheit angehen

Rede: Bundesregierung muss enorme Vermögensungleichheit angehen

Es ist dringend notwendig, die massive Ungleichheit in Deutschland anzugehen. Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung besitzt das reichste Tausendstel der Deutschen 17,3 Prozent des Nettovermögens. Die untere Hälfte hingegen muss sich mit 2,5 Prozent des Nettovermögens begnügen. Diese Gruppe von Superreichen sollte die Bundesregierung mehr bei der Finanzierung des Gemeinwohls heranziehen. Dann wäre auch die Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur kein Problem.

 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Heil, wir würden den Weg in die Verelendung propagieren. Woher haben Sie das? Sie werfen hier dem Kollegen Krischer Polemik vor. Wenn es nicht die höchste Form der dummen Polemik war, so einen Quatsch zu erzählen, dann weiß ich es wirklich nicht mehr. Ein Linker vertritt nie eine solche Position.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Fuchs, Stichwort TTIP: Jetzt fahren Sie doch einmal nach Korea, dann sehen Sie dort deutsche Autos, fahren Sie nach Japan, dann sehen Sie dort deutsche Autos. Warum Handelsabkommen?

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Korea war schon richtig!)

Schauen Sie einmal, wir waren doch zusammen in China. Haben wir ein Freihandelsabkommen mit China? Nein. Was haben wir dort gesehen? VW, Audi. Was sehen wir, wenn wir in den USA sind? Deutsche Autos. Sie tun ja so, als wäre der Export der Bundesrepublik tot, wenn es kein TTIP gibt. Sie wissen, dass es bei TTIP um etwas anderes geht. Es geht darum, die Regeln nach unten zu drücken. Deshalb sind wir gegen TTIP, Herr Fuchs.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): So ein Schwachsinn! So ein Quatsch!)

Herr Minister, Sie haben natürlich die positive Entwicklung Deutschlands angesprochen. Da sind wir uns einig. Ja, Wachstum toll, Beschäftigung gut, Steuermehreinnahmen. Aber einige Punkte müssen wir schon noch aufgreifen.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Herr Ernst!)

Der erste Punkt ist: Wir haben Exportüberschüsse, die den Zusammenhalt Europas gefährden. Das wissen Sie. Jetzt kann man natürlich Exportweltmeister sein. Das ist nicht schlimm, im Gegenteil. Wir sind nicht gegen Exporte – das werfen Sie uns ja auch immer vor -, aber wir sind dagegen, dass wir zu wenig Importe haben. Darüber müssen wir reden. Warum haben wir zu wenig Importe? Weil die Lohnentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten zehn Jahren eben nicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung mitgehalten hat, weil die Löhne von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt wurden. Deshalb ist natürlich zu wenig Kaufkraft in der Bundesrepublik vorhanden, übrigens auch zu wenig Mittel für Investitionen und auch dafür, dass wir genügend Importe haben. Dazu habe ich – das tut mir leid – in Ihrem Vortrag überhaupt nichts gehört.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau sagt:

 … der Staat vernachlässigt mit den langjährig negativen Nettoinvestitionen in die Infrastruktur eine seiner ökonomischen Kernaufgaben.

Viel zu wenig Initiative. Sie wissen: Was Sie machen, ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch mit diesem Haushalt bleibt das Investitionsvolumen weit hinter den Anforderungen zurück; das wissen Sie. Warum? Weil sich diese Bundesregierung nicht traut, die wirklich Reichen über angemessene Steuern für das Gemeinwohl heranzuziehen. Das ist das Problem.

(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Das ist der Kern!)

Wenn die CSU diskutiert, die Erbschaftsteuer sogar ganz abzuschaffen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Das ist ein sehr interessanter Vorschlag. In der Bayerischen Verfassung heißt es wörtlich:

Die Erbschaftsteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern.

Schlau waren die Bayern damals bei der Formulierung ihrer Verfassung.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE))

Ein wenig dieser Klugheit würde ich ihnen heute wünschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie als bayerische Abgeordnete einer Abschaffung der Erbschaftsteuer wirklich zustimmen und dieses Vorhaben vorantreiben, kann ich Ihnen sagen: Dann sind Sie ein Fall zumindest für den bayerischen Verfassungsschutz. Der müsste sich dann um Sie kümmern.

(Beifall bei der LINKEN)

Dabei ist es dringend notwendig, die massive Ungleichheit in Deutschland anzugehen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sagt: Das reichste Tausendstel der Deutschen besitzt 17,3 Prozent des Nettovermögens.

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): 10 Prozent zahlen über 50 Prozent der Steuern!)

Ein Tausendstel! Die untere Hälfte, also 50 Prozent der Deutschen, müssen sich mit 2,5 Prozent des Nettovermögens begnügen. Da wäre es doch tatsächlich eine Möglichkeit, diese Gruppe von Superreichen zumindest ein wenig mehr bei der Finanzierung des Gemeinwohls heranzuziehen. Aber da scheuen Sie sich, da trauen Sie sich nicht heran.

Das führt dazu, dass Sie dann bei der Frage der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur auf ganz absurde Ideen kommen. Herr Krischer hat darauf hingewiesen. Sie kommen auf die Idee, die Privaten sollen doch bitte die öffentlichen Aufgaben übernehmen und die öffentliche Infrastruktur finanzieren. Glauben Sie eigentlich, dass die das umsonst machen? Die machen das nur gegen Rendite, und zwar gegen ausreichende Rendite. Weil Sie ihnen das Geld, das sie zu viel haben, nicht abschöpfen, versuchen sie natürlich, das Geld gewinnbringend anzulegen. Das gelingt ihnen zurzeit nicht so richtig. Also will der Staat diesen hohen Vermögen auch noch die Rendite garantieren. Deshalb machen Sie diese Förderung von öffentlich-privaten Partnerschaften bei der öffentlichen Infrastruktur.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): So ein Schwachsinn!)

Die Zeche zahlt der Bürger über höhere Steuern, weil er die Rendite finanziert, oder über die Gebühren bei der Maut, dem dümmsten Projekt seit dem Turmbau zu Babel. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der LINKEN)

Genau darum geht es. Da sagen wir: Mit diesen Vorstellungen sind wir überhaupt nicht einverstanden. Das, was Sie hier dargestellt haben, ist keine Lösung.

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen. Es ist ja wirklich kaum zu glauben. Herr Fuchs, ich weiß, dass Ihnen der Mindestlohn nicht gefällt und dass Sie sich nur zähneknirschend bereit erklärt haben, dem zuzustimmen. Jetzt haben wir den Mindestlohn. Jetzt haben Sie endlich, endlich eine Begründung gefunden, warum man die Finanzkontrolle Schwarzarbeit nicht so schnell ausbauen muss: weil doch Flüchtlinge kommen, die aufgenommen werden sollen! Wenn sich die Bundesrepublik Deutschland, unser Land, nicht mehr Finanzkontrolleure und zusätzliche Personen leisten kann, die die Menschen, die zu uns kommen, registrieren, dann kann ich wirklich nur sagen: Armes Deutschland!

(Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): Aber man muss auch erst mal geeignete Menschen finden!)

Aber Ihnen geht es um etwas anderes. Sie wollen die Flüchtlingsproblematik benutzen, um die Finanzkontrolle Schwarzarbeit nicht auszubauen. Oder nehmen Sie das Beispiel, wie viele Fälle tatsächlich zu Verfahren geführt haben. Herr Fuchs, mit dieser Argumentation kann man sämtliche Blitzer auf Autobahnen abschaffen,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

wenn man sagt: Moment einmal, es ist ja nur ein kleiner Teil, den es betrifft.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Sie!)

– Ich weiß gar nicht, wie Sie darauf kommen, dass ich davon betroffen wäre. – Ich sage Ihnen nur: Wenn Sie die Blitzer abbauen, dann fährt jeder schneller. Genauso ist es beim Mindestlohn. Wenn Sie ihn nicht kontrollieren – das wollen Sie nicht -, dann führt das dazu, dass es mehr Menschen gibt, die ihn nicht einhalten.

Präsident Dr. Norbert Lammert:

Herr Kollege Ernst.

Klaus Ernst (DIE LINKE):

Deshalb sage ich Ihnen – ich bin gleich fertig, Herr Präsident -: Ihr eigentliches Ziel ist, den Mindestlohn zu sabotieren, und deshalb auch dieser Vorschlag. Das ist unerträglich.

(Beifall bei der LINKEN)

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